„Bundesarbeitsminister bedient Klischees statt Fakten“: Gebäudereiniger-Handwerk bezahlt seit Jahren über Mindestlohn - Verband weist öffentliche Mindestlohn-Äußerung des Ministers zurück

Der Bundesinnungsverband des beschäftigungsstärksten Handwerks in Deutschland kritisiert die zum Wochenende getätigten Aussagen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 auf 12 Euro. Dazu Wolfgang Molitor, Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV):

„Mit Verwunderung haben wir zur Kenntnis genommen, dass Bundesarbeitsminister Heil in seiner Argumentation für einen gesetzlichen Mindestlohn öffentlich und an prominenter Stelle beispielhaft das Gebäudereiniger-Handwerk erwähnt. Damit bedient der Minister bedauerlicherweise Klischees statt Fakten und fügt dem Image von Deutschlands beschäftigungsstärkstem Handwerk Schaden zu.

Dabei müsste gerade der Bundesarbeitsminister besser um unsere Tarifsituation wissen. Schließlich ist es sein Haus, dass die tariflichen Branchenmindestlöhne in der Gebäudereinigung seit anderthalb Jahrzehnten Jahr um Jahr für allgemeinverbindlich erklärt.

Fakt ist: Das Gebäudereiniger-Handwerks unterliegt nicht dem gesetzlichen Mindestlohn und unterlag diesem auch nie! Im Gegenteil, es war stets tarifpolitische Absicht der Tarifparteien, den tariflichen Branchenmindestlohn in der Gebäudereinigung über dem gesetzlichen Mindestlohn zu etablieren. So beträgt die Differenz aktuell rund 18 Prozent. Ab Januar 2023 steigt der tarifliche Branchenmindestlohn ohne Eingriff der Politik ohnehin auf 12 Euro. Dies haben IG Bau und BIV bereits im Jahr 2020 vereinbart.

Vor dem Hintergrund all dieser Fakten weisen wir die Äußerungen des Bundesarbeitsministers in der Sache deutlich zurück. Den Minister bitten wir, das Gebäudereiniger-Handwerk künftig nicht mehr öffentlich als Alibi-Branche für die Einführung bzw. die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns anzuführen.“

Der Bundesarbeitsminister erklärte am Freitagabend, den 21.1.2022 unter anderem: „Es geht zum Beispiel um Reinigungskräfte oder um diejenigen […], die in der Pandemie den Laden am Laufen gehalten haben.“ Zu den Fakten: Das Gebäudereiniger-Handwerk ist mit rund 700.000 MitarbeiterInnen Deutschlands beschäftigungsstärkstes Handwerk. Die Branche zahlt seit Jahrzehnten allgemeinverbindliche Branchenmindestlöhne. Seit 2007 erklärt das Bundesarbeitsministerium selbst die Branchenmindestlöhne in der Gebäudereinigung nach dem sog. Arbeitnehmerentsendegesetz per Rechtsverordnung für allgemeinverbindlich. Aktuell liegt der mit der Gewerkschaft IG BAU vereinbarte tarifliche Branchenmindestlohn bei bundesweit 11,55 Euro und damit rund 18 Prozent über dem gesetzlichen Mindestlohn von zurzeit 9,82 Euro. Ab 1.1.2023 – drei Monate nach der geplanten Mindestlohnerhöhung durch die Bundesregierung – steigt der tarifliche Branchenmindestlohn in der Gebäudereinigung ohnehin auf 12 Euro. Dies haben Gewerkschaft und Arbeitgeber bereits im Jahr 2020 – also noch deutlich vor der Bundesregierung – vereinbart.